Freitag, 11. Juli 2008

Ich lebe in einem Irrenhaus...

...aber echt.
Ich möchte an dieser Stelle man eine kleine Auswahl von Eindrücken wiedergeben, die ich im vergangenen Jahr in dem Wohnhaus sammeln konnte, in dem ich nun mein kleines Wohnklo bewohne.
  • Tag der offenen Tür I
Dieses Haus hat eine Gegensprechanlage, für deren Instandhaltung der Mieter mitbezahlt. Nur gut, daß die so gut wie ungebraucht ist - denn die Eingangstür steht meist weit offen und ist fixiert. Hat wahrscheinlich was mit optimaler Belüftung des Stiegenhauses zu tun...
  • Tag der offenen Tür II
Die Tür zum kleinen Lichthof, in dem auch die Mülltonnen stehen, muß ebenfalls offen stehen, wie es mir scheint. Jetzt im Sommer eigentlich egal - aber im Winter beheizt man so den Lichthof gleich mit (was auch noch andere Gründe hat).
  • Tag der offenen Tür III
Irgendwie scheinen sich hier die meisten Mieter so gut zu kennen, daß sie in diversen Wohnungen ein und aus gehen. Und das trotz der extrem hohen Mieterrotation im Haus. Wenn man abends von der Arbeit kommt, herrscht im Stiegenhaus Highlife. Diverse Wohnungstüren stehen offen, und zwischen den Wohnungen flitzen Kinder und Erwachsene herum, die Essen von A nach B bringen (jeder hat sein Tellerchen mit). Ich muß darüber immer schmunzeln - weniger aber über den Geruch im Haus. Man kann sich vorstellen, daß das ganze Haus von einem Geruchsgewirr durchdrungen ist, das von diversen Speisen verschiedenster Herkunft herrührt...
  • Frischluftfanatiker mit Sommerallergie
Vermutlich, um den Gerüchen die Möglichkeit zu geben das Haus auch wieder zu verlassen, werden dann die Gangfenster aufgerissen. Und offen gelassen. Im Sommer weitgehend egal - aber im Winter trifft einem der Umschlag, wenn man seine beheizte Wohnung verläßt und im Stiegenhaus sofort die Außentemperatur spürt. Abgesehen davon sind die Wohnungstüren nicht dicht, und dadurch beheizt man das Stiegenhaus gleich mit - bzw. den Lichthof durch die offenen Fenster.
  • Kinderspielplatz Stiegenhaus
Ich kann verstehen, daß Kinder sich gegenseitig besuchen und miteinander Spielen. Ich finde es auch süß, wenn man die Kinder hört, wenn sie wo klingeln und schüchtern anfragen, ob die Freunde zu Hause sind und raus dürfen. Allerdings habe ich kein Verständnis dafür, da die lieben Kleinen mit einem Liftschlüssel ausgestattet sind und lachend mit dem Lift spazieren fahren (so zum Spaß stundenlang auf und ab) und dadurch den Lift blockieren, den man ja auch nur rufen kann, wenn man einen Schlüssel hat, und er gerade ungenutzt ist. Besonders doof, wenn man einkaufen war, und nun den vollen Einkaufswagen mit Katzensand und 6er Tragler Getränke (und einigen anderen Dingen) raufschleppen darf.
Noch weniger Verständnis kann ich aufbringen, wenn ebendiese lieben Kleinen am Sonntag um 6:00 morgens das Stiegenhaus zum Fußballplatz erklären, da die Eltern noch schlafen wollen.
  • Müllkippe Vordach
Ich wohne ja im 1. Stock - direkt unter meinem Fenster ist ein Vordach. (ca. 1,5 Meter tiefer). Und es ist interessant, was die Mieter über mir so via Fenster entsorgen. Zeitungen, Besteck, Kinderspielzeug - alles findet seine letzte Ruhestätte unter meinem Fenster.
  • Vampir mit botanischen Anwandlungen?
Ganz oben unter dem Dach lebt jemand der Blumen liebt. An den Fenstern sind Blumenkästen montiert, und davon eine Menge. (Auch die abgezupften Blüten und Blätter landen übrigens auf dem Vordach). Die dazugehörigen Fenster sind Sommer und Winter unter tags fest verschlossen. Die Wohnung ist von der anderen Straßenseite aus gesehen immer dunkel. Leben kommt scheinbar erst nachts in die Bude, wenn andere Menschen schlafen gehen. Da wird dann um 23:00 oder 23:30 erstmal ausgiebig gegossen (auch wenn es den ganzen Tag geregnet hat). Verwendet werden dazu geschätzte 100 Liter Wasser, die dann erstmal eine ganze Weile (bis weit nach Mitternacht) fröhlich runterplätschern und eine interessante Geräuschkulisse an meinen Fenstern und dem Fensterbrett gestalten.
  • Mein Fensterbrett - Aschenbecher für den Mieter über mir
Ich stehe abends auch mal gerne mit einer Zigarette am Fenster und betrachte die Wolken. Spricht ja auch nichts dagegen. Die Asche wird vom Wind weggetragen, und der Zigarettenstummel wird fachgerecht im Aschenbecher entsorgt. Nicht so beim Mieter über mir. Der hat da ein ganz anderes System. Und zwar das "Fallenlassen". Ist es windstill, landet der Rest noch glosend auf dem Vordach und gesellt sich zu den Überresten von inzwischen geschätzten 5 Packungen. Doch kaum regt sich ein kleiner Lufthauch - und hier gibt es kaum windstille Tage - ändert sich die Flugbahn der glühenden Reste, und sie landen mit einem doofen Geräusch auf meinem Fensterbrett. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn ich das Fenster offen habe - hatte schon mal das Vergnügen einen glühenden Zigarettenrest von oben hinter dem Kratzbaum vorzufummeln, eher er ebendiesen in Brand stecken kann.
Auf keinen Fall ist es also ratsam, das Fenster zu öffnen und dann etwas abwegiges zu tun, wie etwa das Zimmer verlassen.

Was hat dieses Haus sonst noch zu bieten?
Ein Wettlokal, das den Geräuschpegel auch spät in der Nacht noch hebt, eine Bäckerei, die um knapp vor 6:00 beliefert wird, wobei der Fahrer Schlager in einer Lautstärke hört, die schlafende Mieter aus dem Bett fallen läßt. Ein Gewirr aus türkischer Musik und Techno...
Aber auch freundliche Gesichter.

Ich sag es ja... ich lebe in einem Irrenhaus.
polaroid_rot - 11. Juli, 08:22

Das klingt doch alles sehr nett,lustig und lebendig. Bis auf die Kippen.

Die wilde Rose - 11. Juli, 09:13

Meist ist es auch sehr nett - aber manchmal eben auch sehr nervig.
Das mit den Kippen ist mehr als ärgerlich - und der Typ ist auch nicht wirklich einsichtig...
Kratzbürste - 11. Juli, 09:00

Hm, also wegen den Kippen würde ich schon mal was sagen. Theoretisch kann dir so ein glühender Stummel ja auch mal in die Wohnung fallen ...

Die wilde Rose - 11. Juli, 09:14

Ist auch schon mal passiert - seither bleibe ich im Zimmer und beobachte sicherheitshalber das Fenster...

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